in: FAZ, 27.7.2009, Nr. 171, S. 32 / Rosa M Hessling in der Galerie Kautsch
Der Effekt ist zunächst einmal verblüffend. Denn kein Trick ist dabei und keine Schummelei, sondern nichts ist im Spiel als Pinsel, Lack und Farbpigmente auf Holz, auf Leinwand oder, auf blankem Aluminium. Alles liegt offen. Und doch sieht man, mal von links, mal von rechts oder aus zentraler Betrachterperspektive, hier leuchtend grüne, dort von glühend rot, dann kupferfarben und fast golden, nun nach Aubergine changierende und monochrom anmutende Malerei - wiewohl man ohne jeden Zweifel stets ein und dasselbe Bild anschaut. Rosa M Hessling freilich, deren Arbeiten derzeit in der Michelstädter Galerie Veronica Kautsch zu sehen sind, geht es nicht in erster Linie um einen hübschen Trompe-l'œil-Effekt.
Ihr Thema ist zunächst einmal die Malerei. Das galt schon für ihre früheren, ganz auf die Farbe konzentrierten Monochromien. Und seit die Kölner Künstlerin, die bei Christian Megert und Nam June Paik in Düsseldorf studiert hat, Holz und Kunststofffolien, vor allem aber spiegelglatte Aluminiumplatten als Malgrund bevorzugt, rücken mit den zahlreichen, lasierend und mit breitem Pinsel aufgetragenen Schichten unübersehbar Duktus und künstlerische Handschrift wieder in den Vordergrund. Zugleich aber scheint sich die Farbe geradezu zu entmaterialisieren und als bloßes, wenngleich perlmuttartig schillerndes Mittel aufzugehen in oder besser: sich in den Dienst zu stellen einer reinen Malerei des Lichts.
Das zeigt sich nicht nur in der Auflösung der scheinbaren Monochromie mit der Bewegung des Betrachters und der Veränderung des Tageslichts, nicht nur in den überraschend wieder vage landschaftliche Assoziationen zulassenden Folienbildern oder den beiden kachelkleinen Arbeiten aus dem vergangenen Jahr. Die Schlüsselwerke in Hesslings Ausstellung sind vielmehr jene zwei, drei aktuellen Bilder wie jenes der Schau ihren Titel gebende "Anlichten" oder ein bezauberndes, zunächst rein weiß erscheinendes mittleres Format, in denen die changierenden Farbeffekte deutlich subtiler sich entfalten.
Und die Verblüffung bald schon einem Staunen Raum gibt vor dem meditativen Sog der Bilder. Die "Gärtnerin des Lichts", wie sie sich einmal selbst genannt hat, kultiviert zwar weiter ihren farbmalerischen Zaubergarten. Das Wesentliche aber zeigt sich nicht im Vorübergehen. Es durchglüht das Bildgeviert von innen. Ganz still. Ein kleines, jenseits der Oberfläche aufscheinendes Wunder. Ein Wunder aber, das sich wie selbstverständlich ereignet.